Forderung 1) Biogas ins Gasnetz einspeisen

Wir haben in Deutschland rund 10.000 Biogasanlagen. Diese erzeugen jährlich mehr als 20% der Gasmenge, die zuvor aus Russland bezogen wurde.

Das Problem: Die meisten Anlagen erzeugen rund um die Uhr konstant Strom – auch dann, wenn Überschüsse z.B. aus Wind und Sonne vorhanden sind.

Die Lösung: Die Betreiber können die Anlagen innerhalb weniger Monate – theoretisch in wenigen Wochen – ans Gasnetz anschließen. Die Anlagen erzeugen dann nur noch Strom, wenn er dringend gebraucht wird („Flexibilisierung“). Überschüssiges Gas sollte ins Gasnetz eingespeist werden und kann große Mengen der teuren und umweltschädlichen Flüssiggas-Importe ersetzen. Eine Alternative, mit der Anlagen ebenfalls flexibilisiert werden können, ist das Speichern des erzeugten Gases vor Ort in einem Tank. Allerdings macht das Verstromen von Gas grundsätzlich nur Sinn, wenn auch die Wärme genutzt wird, was in vielen Anlagen leider nicht der Fall ist. Die Einspeisung ins Gasnetz ist daher vorzuziehen.

Das Potenzial: Bis zu 80 Mrd. kWh Gas pro Jahr – allerdings im Sommer mehr als im Winter, da ein Teil der Anlagen zusätzlich Nahwärme erzeugt. Ein nicht unerheblicher Anteil davon könnte innerhalb einiger Monate erschlossen werden. Realistisch ist rund die Hälfte – immerhin noch 10% der Gasmenge, die wir zuvor jährlich aus Russland bezogen haben.

Fragen und Antworten Zur Machbarkeit

Antwort von Studienautor Dr. Ingo Stückmann / ZETT:

Mehrere Fachbetriebe gaben den Studienautoren die Auskunft, dass sie einen solchen Gasanschluss technisch eigenständig ausführen können, es aktuell aber gesetzlich nicht ohne den Gasnetzbetreiber dürfen. Beim Anschluss der Anlagen ans Gasnetz geht es um drei Aspekte:

  1. Leitung verlegen: Am zeitintensivsten, aber unproblematisch – das kann jedes Stadtwerk bzw. es wird an ein örtliches Tiefbauunternehmen vergeben. Ähnlich wie ein Kabel für einen Solarpark verlegen: Graben ausgraben, Rohr verlegen, zuschütten.
  2. Gasleitungen über Übergabestation ans Gasnetz anschließen. Das dürfen bislang in Deutschland nur die Gasnetzbetreiber. In den Niederlanden dürfen das auch Fachunternehmen, daher haben wir das auch für Deutschland in der Studie gefordert. Der Punkt ist jedoch bei sorgfältiger Planung an einem Tag machbar.
  3. Installation der Gasaufbereitungsanlage. Dies ist zeitlich unkritisch, jedoch von der Lieferung abhängig. Nach der Installation gibt es eine Funktionsprüfung. Diese dauert 1-2 Tage. In Deutschland und auch in den Nachbarstaaten gibt es viele Fachbetriebe, die solche Arbeiten durchführen.

Im Rahmen der Studie wurden erste Erkundigungen in der Branche eingeholt. Die Aussagen waren, dass die Lieferbarkeit von Aufbereitungsanlagen derzeit auch bei größeren Stückzahlen keinen Engpass darstelle. Wir möchten diese Aussage im Rahmen unserer Kampagne konkretisieren mit Mengengerüsten. Hersteller solcher Anlagen gibt es weltweit.

Das ist wie beim Netzanschluss eines Solarparks: Die Leitung wird entlang öffentlicher Wegen verlegt. Die Genehmigung dafür kann i.d.R. innerhalb einer Woche erteilt werden. Dafür gibt es Standardverträge mit Gemeinden.

Zusätzliche wirtschaftliche Anreize sind zum Glück derzeit nicht notwendig. Bei Strom gibt es 12-15 Cent/kWh (da abhängig von Produktionsbeginn etc…) und die BHKWs kannst Du alle 7-10 Jahre erneuern, dann sind die Motoren kaputt. Wenn Du jetzt Biogas einspeist, Gas kostet gerade 150,-/MWh, also kannst Du auch 10-15cents/kWh bezahlen (und Du kannst die Motoren schonen, Verschleiss vermeiden = der Motor bleibt ja aus) = also die Festvergütung für die nächsten 12 Monate einfach weiterzahlen, aber für „Biogas“ statt Strom.

Es gibt relativ wenige große Anlage, rund 500, ca. 3000 mittelgroße, so dass wir mit etwa der Hälfte der Anlagen (40-60%) tatsächlich aber bereits eine hohe Prozentzahl an Produktion kriegen. Am anderen Ende des Spektrums gibt es auch die letzten 1000 kleinen Anlagen oder solche, die weit von von jedem Gasnetz sind, da lohnt es sich dann irgendwann nicht mehr. Diese Details sind nicht in der Studie ausgeführt, da zu weitgehend.


Die Umrüstung der Anlagen sollte unserer Meinung nach über eine Notverordnung durch die Bundesnetzagentur für die nächsten 12 Monate angeordnet werden. Dieser Punkt findet sich ebenfalls bereits in der Studie des Zero Emission Think Tank. Immerhin gibt es dadurch keine wirtschaftlichen Einbußen für die Anlagenbetreiber, sondern sogar zusätzliche Gewinne.

Bisher gab es keinen große Anreiz, erzeugtes Gas zu verkaufen, da die EEG Vergütung beim Strom lockt – und bei Direktvermarktung sogar Übergewinne.

Weiterführende Informationen

Studie: Rolle von Biogas für ein klimaneutrales, 100% erneuerbares Stromsystem

In Österreich sieht es übrigens ähnlich aus: Es gibt interessanterweise nur 260 Biogasnlagen. Nur 15 davon Speisen Gas ins Gasnetz ein: https://www.derstandard.at/story/2000138530692/experten-ungenutzte-potenziale-fuer-biogas-in-oesterreich

→ Alle Forderungen im Überblick

Unterstütze auch unseren Appell an die Bundesregierung:

Wir fordern die Bundesregierung auf: Setzen Sie endlich Sofortmaßnahmen um!

  • Gasspeicher füllen: Sorgen Sie dafür, dass viele der rund 10.000 Biogasanlagen ans Gasnetz angeschlossen werden, damit weniger Gas aus den Gasspeichern entnommen werden muss.
  • Mehr Energie: Ermöglichen Sie per Gesetz für alle bereits genehmigten, aber noch nicht aufgebauten Windräder Typenoffenheit, so dass an den Standorten moderne Anlagentypen errichtet werden können, die bis zu 50% mehr Strom im Winter erzeugen.
  • Heizkosten senken: Mobilisieren Sie hunderttausende Heimwerker mit einer (Innen-)Dämm-Offensive: Fördern Sie auch Eigenleistungen und setzen Sie Energieberatung gezielt ein, um den Weg für Do-It-Yourself-Maßnahmen frei zu machen. Beschaffen Sie Wärmepumpen am Weltmarkt, sorgen Sie für gut informierte Betriebe und ausgebildete Fachkräfte und stärken Sie Solidarität in der Bevölkerung, indem Sie Nachbarschafts-Energiegemeinschaften ermöglichen, mit denen eine Wärmepumpe mehrere Häuser mit günstiger sauberer Wärme versorgen kann.
  • Realisieren Sie weitere Sofortmaßnahmen, wie sie u.a. in der genannten Studie erwähnt werden. Sorgen Sie z.B. dafür, dass Mitarbeiter besonders im Winter ein Recht auf Homeoffice haben, um Kraftstoff für die Fahrt ins Büro zu sparen.

Unterschreibe unseren Appell an die Bundesregierung:

Bitte unterstütze uns, damit die Bundesregierung jetzt den Weg frei macht. Damit wir Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bekommen, unsere Heizkosten und Stromkosten schnell zu senken.

Für die Umsetzung eines Pakets mit effektiven Sofortmaßnahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien und Energieeffizienz als Ausweg aus der Energiekrise

Mehr Informationen zu den Maßnahmen werden wir in wenigen Tagen hier veröffentlichen.
Vielen Dank!